INFORMATIONEN ÜBER LAND UND LEUTE, ÜBER DIES UND DAS
Es fällt nicht leicht, einem Land wie Cuba gerecht zu werden. Die
vielen Bilder, historischen Reminiszenzen und Träume von der Insel sind
einem nüchternen Urteil eher hinderlich, auch die tausend Klischees, die
im Laufe der Zeit entstanden sind. Vor allem aber der Umstand, dass die
Physiognomie der Insel und die Identität der Cubaner die längste Zeit
unter der spanischen Kolonialherrschaft und dem "American way of
life" verschüttet, zumindest davon verzeichnet waren. Die Cubaner haben
erst vor einigen Jahrzehnten ihre Geschicke selbst in die Hand genommen.
Aber sie haben das Entwicklungsland, das Cuba immer noch ist, nicht aus
dem Bannkreis der Großmächte lösen können. Ein leidiges Maß an
Abhängigkeit ist geblieben. Die Arroganz der Macht, die der Insel
fremdbestimmte Strukturen aufzuprägen sucht, hat das Bestreben der
Cubaner, einen eigenen Weg zu einer gerechteren und entwickelteren
Gesellschaft zu finden, massiv behindert, auch wenn die Cubaner stolz
darauf sind, dass sie dem Druck von außen so lange erfolgreich
widerstanden haben. Das Prisma des Ost-West-Konfliktes, das die
Betrachtungsweise jahrzehntelang bestimmte, hat das Bild Cubas gröblich
verzerrt- und tut es noch. Das authentische Cuba unter der Folie des
historischen Romantizismus oder der handfesten politischen Vorurteile
aufzufinden, verlangt mehr als nur nüchternen Spürsinn. Es scheint gar
nicht möglich zu sein, sich diesem Land nicht ohne Emotionen zu nähern
und seine Geschichte emotionslos zu verfolgen, wenn man erst einmal dem
karibischen Ambiente und dem offenherzigen Charme der Cubaner verfallen
ist. Beides, Realitätssinn und Emotionen, sind kaum trennbar bei dem
Versuch, die Geschichte und den Charakter eines Landes wie Cuba zu
beschreiben.
GEOGRAPHIE, GEOSTRATEGISCHE LAGE UND KOLONIALES ERBE
Nicoilas Gillen, Cubas Nationalpoet, empfindet seine Insel als einen
"Caiman barbudo", als einen bärtigen Alligator: Der Kopf im Osten
blickt auf Haiti, die Schwanzspitze im Westen weist auf das
mexikanische Yucatan. Dieser Kaiman bewacht, geostrategisch gut
plaziert, den Golf von Mexico mit zwei wichtigen Toren zur
Karibik: der Floridastraße zwischen La Habana und dem 140 km
entfernten Key West in Florida und der Windwardpassage
zwischen Cabo Maisi und dem 80km entfernten Haiti.
Kein
Wunder, dass die Kolonialmächte Spanien und späterdie USA. diese Lage
weidlich ausnutzten.
1200 km lang , 35- 200 km breit, 110.000
Quadratkilometer groß (also halb so groß wie die alte BRD,
knapp ein Drittel des heutigen deutschen Staatsgebietes von 360000
qkm), weist Cuba im Westen Mittelgebirge mit den berühmten
Kegelbergen, den mogotes, und im Osten mit der Sierra Maestra, der
Wiege der cubanischen Revolution, Höhen bis 2000m auf
.Vergleichbar mit dem Rückgrat eines Alligators durchziehen schmale
und niedrige Bergketten (alturas) die Mitte der Insel. Weite und
allenfalls leicht gewellte Ebenen herrschen sonst vor (llanuras).
Ihre meist sehr guten Böden sind ideal für den Zuckerrohranbau
(caña de azucar). Weniger fruchtbare Savannengebiete, durchsetzt
mit der alles beherrschenden Königspalme (palma real), dienen der
Viehzucht, Überschwemmungsgebiete nahe den Flussmündungen oft dem
Reisanbau. Obwohl im Savannengürtel der Erde gelegen, war Cuba
ursprünglich eine dichtbewaldete Insel. Regenwald, unterbrochen
von Grasland, in manchen Gegenden durchmischt mit Eichen- und
Kiefernwäldern, bestimmte die landschaftliche Szene. Mit der
Landung der spanischen Konquistadoren und ihren unersättlichen
Schiffswerften begann der Kahlschlag. Danach forderte die "schneeweiße
Dame Zucker" ihren Tribut.
Brandrodungen vernichteten
fast den gesamten Baumbestand, sog. wertlose Sorten gleichermaßen
wie Edelhölzer . Die Monokultur schuf wiederum neue
Abhängigkeiten: Cuba mit seinen natürlichen Reichtümern musste
Lebensmittel importieren, ein untrügliches Zeichen für die
wirtschaftliche Deformation und der "Entwicklung zur Unterentwicklung",
der rücksichtslosen kolonialen Ausbeutung, dem spanischen
"Beutekapitalismus". Denn das Hauptinteresse des Mutterlandes
richtete sich auf die Edelmetalle , die Rohstoffe, Kolonialwaren
aller Art. Die sollte Cuba liefern. Die Produktion von Gütern
dagegen, die mit den Erzeugnissen des Mutterlandes hätten
konkurrieren können, hatte zu unterbleiben, alles andere galt als
ein "Diebstahl am Mutterland". Die Galeonen, die sich im Hafen von
Habana sammelten, um im April oder Juni im Konvoi nach Sevilla zu
segeln, waren bis obenhin mit Rohprodukten von den Feldern, aus
den Minen und den Wäldern der Kolonie gefüllt: mit Mais, Zucker,
Tabak, Baumwolle, Häuten, Pferdehaar, Talg, Holz, Leder, Vieh und
vielen anderen Dingen. Dagegen brachte die Flotte, die einmal im
Jahr von Sevilla nach Westindien segelte, alle möglichen
Manufakturwaren in die Kolonie: feine Gewebe, Kleider, Schuhe,
Metallwaren, Maschinen, Wein, Öl, Seife. Eifersüchtig waren das
königliche Schatzamt und die Kaufleute von Sevilla bedacht, Cuba
wie die anderen Kolonien als profitables Absatzgebiet für die
Erzeugnisse des Mutterlandes zu erhalten. Königliche Verbote wie das,
Weinbau zu betreiben, und Kontrollen über die Produktion in Cuba sowie
die Exporte knebelten Handwerk, Gewerbe und Industrie. Die strengen
Restriktionen haben die Weichen gestellt für die fatale
wirtschaftliche Unterentwicklung des Landes, die bis heute
nachwirkt.
Cuba ist die Hauptinsel eines Kaleidoskops von
tausenden von Inseln , dem Archipiélago de Cuba mit den Gärten der
Königin im Süden. Viele dieser Inseln sind nur mit
Mangrovengestrüpp bedeckt. Eine Unzahl von Korallenriffen, der
Traum eines jeden Tauchers, ist schon vielen Schiffen zum
Verhängnis geworden.
KLIMA
Unmittelbar südlich des nördlichen Wendekreises gelegen, herrscht
subtropisches Klima vor, welches durch den Golfstrom noch
verstärkt wird. Die Cubaner kennen nur 2 Jahreszeiten: die
Trockenzeit von November bis April und die Regenzeit. Typisch für
die Regenzeit von Mai bis Oktober sind weniger die Dauerregen als
die kurzen, aber heftigen Nachmittagsschauer, oft begleitet von
Gewittern. Die Temperatur liegt bezogen auf die durchschnittlichen
täglichen Maxima im Jahresmittel bei ca. 30 Grad und sinkt im
Monatsmittel nicht unter 20 Grad ab, obwohl im Januar/
Februar auch gelegentlich. mit 14-15 Grad für cubanische
Verhältnisse geradezu arktische Bedingungen herrschen
können . Die durchschnittliche Wassertemperatur liegt bei 24-26
Grad.
Cuba liegt am Rande der karibischen Hurricanstraße, so
dass nur 10 Prozent der dortigen Wirbelstürme Cuba erreichen, dann
aber auch große Zerstörungen anrichten.
BEVÖLKERUNG
Verglichen mit anderen Entwicklungsländern wächst Cubas Bevölkerung
langsam. Im Frühjahr 1992 gab es 10.6 Millionen Cubaner, von denen
2 Millionen in La Habana lebten. Während die Stadtbevölkerung nach
1970 nur zwischen 8 und 30 Prozent gewachsen ist, verzeichnete
die Landbevölkerung ein Plus von 45 Prozent, eine einzigartige
Entwicklung für Lateinamerika, dessen Hauptstädte wie
Krebsgeschwüre wachsen mit unübersehbaren Folgen für Ökonomie,
Ökologie und soziale Strukturen.
Diese antizyklische
Entwicklung in Cuba ist sicher auch Erfolg der nach 1959 betriebenen
Politik, das Land stärker als die Stadt zu fördern. Durch den Rückgang
des Bevölkerungswachstums in den letzten Jahren hat sich eine
Alterspyramide entwickelt, die eher den Industrienationen als anderen
Entwicklungsländern gleicht.
Eine Volkszählung 1981 unterteilte
die Bevölkerung in 66 % Weiße, 12 % Schwarze, 21.9 % Mischlinge
und 0,1 % Asiaten (v.a. Nachfahren importierter "Vertragsarbeiter"
aus China nach Abschaffung der Sklaverei), wobei die Problematik
einer solchen Zählung in der Einstufung "weiß" oder
"Mischling" liegt. Fidel Castro hat dieses Problem versöhnlich
gelöst, indem er sagte, dass im Grunde alle Cubaner Mischlinge
seien. Aber vielleicht liegt er mit dieser Aussage nicht einmal so
falsch. Als Errungenschaften der Revolution ist eine geringe
Analphabetenrate, eine gute schulische und universitäre Ausbildung
und ein effektives in den letzten Winkel reichendes
Gesundheitswesen zu nennen. Diese Errungenschaften sind aber
zunehmend durch die amerikanische Blockadepolitik mit den daraus
resultierenden ökonomischen Zwängen, aber auch selbstgestrickten
Fehlentwicklungen in Frage gestellt. Insbesonders das Gesundheitssystem
hat durch die bestehenden materiellen Mängel - und nicht etwa
durch einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften - große
Schwierigkeiten, eine adäquate Versorgung der Bevölkerung
sicherzustellen.