Das Gesundheitswesen in Cuba
Im Oktober 1981 meldeten die cubanischen Tageszeitungen: "Vencida la
fiebre", Sieg über das Fieber.
Gemeint war das Dengue-Fieber,
mit Gliederschmerzen, Ausschlag und oft blutigen Entzündungen.
Diese Tropengrippe, übertragen durch die Aedes-Mücke, forderte
eine Todesbilanz von 150 Menschen, meist Kinder. Erst ein
mehrmonatiger Intensivkampf unter Einsatz aller Massenorganisationen
bannte die Gefahr, wie schon früher Impfaktionen die Diphterie
und die Kinderlähmung. Mit zum Erfolg trug aber auch das gut
durchorganisierte Gesundheitswesen bei.
Besonders die
früher stark vernachlässigten ländlichen Gebiete verfügen heute
über eine ausreichende Zahl von Polikliniken und Krankenhäusern.
Ganz Cuba ist in Sektoren (areas) aufgeteilt, deren Bewohner in
immer breiterem Maße von den medicos de la familia, den
Familienärzten, versorgt werden. Zusammen mit einer Krankenschwester
betreut ein Familienarzt jeweils 100-120 Familien in seinem Wohnbezirk.
Dabei sind Arztwohnung und Praxis im gleichen Haus untergebracht. Zu
seinen Aufgaben gehören neben der täglichen Gesundheitsfürsorge
die Schwangeren-, Kleinkind- sowie Altenbetreuung. Bis Juni 1992 wurden
67 % der Bevölkerung von Familienärzten versorgt mit zunehmender
Tendenz. Gesundheitsposten existieren außerdem in Kindereinrichtungen,
Schulen, Hotels und vielen Arbeitszentren. 1992 gab es in Cuba ca.
42.000 Ärzte. Auf einen Arzt kamen 250 Einwohner (BRD: 349! ).
Familienarztpraxen und Polikliniken sind sehr sparsam
ausgestattet. Erst die Provinzkrankenhäuser verfügen über
Labors und Röntgengeräte, aber meist nicht in dem
erforderlichen Umfang und der notwendigen Qualität. Arzt und
Krankenhaus sind kostenlos in Cuba. Medikamente (außer für
Spezialbehandlungen) müssen teils mit einem geringen, mehr symbolischen
Obolus bezahlt werden. Vor der Revolution wurden 50 % des
pharmazeutischen Marktes von ausländischen Firmen beherrscht. 1992
wurden 80 % der Mittel im Lande selbst hergestellt, die
vorhandenen 40.000 Medikamente wurden auf 500 reduziert. Viele
essentielle Mittel aller medizinischer Bereiche (Antibiotika,
Herz-Kreislauf, Asthma, Allergie, Zytostatica, Schmerz- und
Rheumamittel, Vitamine, Hormonpräparate, Narkosemittel, Instrumente,
Geräte, etc. etc. etc.) sind heute- 1997- absolute Mangelware mit der
Konsequenz unnötigen Leidens und vermeidbarer Todesfälle.
Ein Arzt erhält den Doktortitel auch ohne Promotion und verdient rund
350 Pesos, also ca. 15 Dollar monatlich. Auch dieser für cubanische
Verhältnisse gute Verdienst reicht heute nicht mehr für die tägliche
Nahrungsbeschaffung einer Familie und sonstige unvermeidbare Kosten aus,
sodass Nebeneinnahmen auch hier überlebenswichtig sind.
Vorsorge wird im cubanischen Gesundheitssystem groß geschrieben.
Zum gesetzlich festgelegten Mutterschutz gehören 6 Wochen
Arbeitsfreistellung vor und 12 Wochen nach der Geburt - bei
Lohnfortzahlung und Arbeitsplatzgarantie. Hohe Mütter- und
Kindersterblichkeit und Unterernährung waren in Cuba im
Gegensatz zu anderen Entwicklungsländern lange kein Thema. Von
100.000 Müttern starben 1992 nur noch 47 im Kindbett, die
Kindersterblichkeit konnte nach cubanischen Angaben 1992 auf 10,7
Promille gesenkt werden (ähnlich Ostküste USA; Puerto Rico z.B.18
Promille). Auch die für die Kinder gefährlichen
Durchfallerkrankungen konnten durch größerer Hygiene und bessere
Lebensmittelversorgung besiegt werden. Ferner erhält jedes Kind
bis zum Alter von 7 Jahren eine garantierte täglich Milchration.
Aber auf Grund der in den letzten Jahren verschlechterten
allgemeinen Versorgungslage, dem Mangel an Medikamenten und notwendiger
Sterilität (es fehlen die Devisen für den Kauf ausreichender
Materialien), bedingt auch durch die rigide Blockadepolitik der USA ,
scheint sich dieser positive Trend langsam wieder umzukehren. Es
ist bemerkenswert, dass nicht nur die Vereinigung
lateinamerikanischer Staaten, die UNO sondern auch die EU
und (sogar) der Vatikan die amerikanische
Blockadepolitik verurteilt haben.
Die
Lebenserwartung des cubanischen Mannes liegt bei 73 Jahren,
die der cubanischen Frau bei 77 Jahren. Haupt-Todesursachen sind
-wie in den Industrienationen- Herz-Kreislauf- Krankheiten
und Krebs.
Auch der Aids-Virus hat die Insel erreicht. Brachten früher die
internacionalistas aus Angola und anderen Ländern diese Krankheit auf
die Insel, ist heute der Massentourismus und die zunehmende Prostitution
eine Hauptquelle. Stolz ist Cuba auf seine Genforschung und deren
Einsatz in der Landwirtschaft und in der Medizin.
Viele
Lateinamerikaner lassen notwendige medizinische Behandlungen
in Dollarkliniken in und um Havanna durchführen, eine besondere Form
des (medizinischen ) Tourismus, der zusätzliche Devisen ins
Land bringt.
Trotz aller heutigen Mängel ist der
Gesundheitssektor in Cuba wegen des umfassenden Netzes, der
Qualifizierung und der großen Zahl der im Gesundheitswesen
Beschäftigten für ein Dritte-Welt-Land vorbildlich. Der heutige
große Mangel an Medikamenten und Hilfsmitteln sowie medizinischen
Geräten macht aber einen Teil der anerkennenswerten humanitären
Errungenschaften wieder zunichte. So können die
Beschäftigten im cubanischen Gesundheitswesen mangels entsprechender
Ausrüstung, Medikamente und Hilfsmittel häufig nicht oder nur
unzureichend helfen. In zunehmender Häufigkeit müssen sie
ohnmächtig zusehen, können unnötiges Leiden und vermeidbare
Todesfälle nicht verhindern.
Hier zu helfen, ist unsere rein
humanitäre Organisation "HCH" angetreten .