Wahl als Bekenntnis
In Kuba wird am Sonntag über die Zusammensetzung der Kommunalparlamente
abgestimmt.
Klares Signal für den Sozialismus erwartet
Von Tobias Kriele, Havanna
Wahlen ohne Elefantenrunden,
Werbeplakate und Wahlumfragen: Am Sonntag sind in Kuba mehr als acht
Millionen Wählerinnen und Wähler aufgerufen, in den 169 Bezirken des
Landes die Poder Popular, die Volksvertretung auf Gemeindeebene, zu
bestimmen. Deren Aufgabe besteht in erster Linie darin, die Einwohner,
Institutionen und Betriebe ihres Bezirks bei der Wahrnehmung ihrer Interessen
gegenüber staatlichen Institutionen zu unterstützen. Parteienlisten,
Diätenzahlungen und Wahlkämpfe sind in Kuba unbekannt. Die Kandidatur
ist freiwillig, das Mandat der Delegierten erstreckt sich über einen
Zeitraum von zweieinhalb Jahren. Dabei müssen die gewählten Abgeordneten
sich in regelmäßigen Abständen vor ihrer Basis verantworten und können
dabei das Mandat jederzeit wieder entzogen bekommen. In Wahlkreisen,
in denen am Sonntag keiner der Kandidaten die einfache Stimmenmehrheit
erreicht, kommt es eine Woche später zur Stichwahl zwischen den beiden
erfolgreichsten Bewerbern.
Auf Gemeindeebene sind die Kubaner ab einem Alter von 16 Jahren wahlberechtigt. Wie auch bei den alle fünf Jahre stattfindenden Wahlen zur Provinzial- und Nationalversammlung überwachen Kinder in der Kleidung der Jungpioniere die korrekte Abwicklung des Wahlganges. Die Kandidaten wurden zwischen Januar und März in landesweit über 50.000 Nachbarschaftsversammlungen nominiert. Die Präsidentin der Nationalen Wahlkommission (CEN), Ana María Mari Machado, zeigte sich anschließend sehr zufrieden mit der gesellschaftlichen Zusammensetzung der Vorschläge. Drei Viertel der zur Wahl Stehenden wurden nach dem Sieg der Revolution im Jahre 1959 geboren, über 40 Prozent der Kandidaten sind Schwarze oder Mulatten. Der Frauenanteil konnte im Vergleich zu den letzten Wahlen auf Gemeindeebene auf nun über ein Drittel erhöht werden, und auch der Anteil junger Menschen ist weiter im Steigen begriffen.
Im Selbstverständnis der kubanischen Demokratie stellt jede bei Wahlen abgegebene Stimme nicht nur ein Votum für einen bestimmten Kandidaten dar, sondern auch eine Unterstützungserklärung für die nach langem Befreiungskampf erreichte Unabhängigkeit und den Sozialismus. Und so geht auch diese Abstimmung mit einer starken Politisierung der Bevölkerung einher. Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes, die auch durch Einschränkungen im alltäglichen Leben spürbar sind, herrscht in der Bevölkerung eine kämpferische Entschlossenheit. Auch die gegenwärtige internationale Medienkampagne über angebliche Menschenrechtsverletzungen schließt die Kubaner nur noch fester zusammen. Die konterrevolutionären Splittergruppen, die seit jeher ohne Einfluss bei der Bevölkerung sind, können in diesen Tagen nur noch unter polizeilichem Schutz vor den wütenden Reaktionen der Passanten auf die Straße gehen.
Wahlleiterin Mari Machado sagt deshalb für Sonntag eine massive Wahlbeteiligung voraus, die sie als Ausdruck der Einheit des kubanischen Volkes und als ein massives Bekenntnis zur Revolution und zur sozialistischen Demokratie interpretiert. Dies sei die angemessene Antwort auf die Hetzkampagne des Imperialismus und seiner Verbündeten, so die Funktionärin. Das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Kubas, Granma, erinnerte ihrerseits an einen historischen Ausspruch Fidel Castros: »Ihr bezweifelt unsere demokratische Verfassung? Dabei geben wir unserem Volk nicht nur Stimmzettel in die Hand, sondern auch die Gewehre. Das ist wahre Demokratie.«
junge Welt, 24. April 2010 ---------------------------------------------