Muraleando 2012
Auch 2012 plant die Humanitäre Cuba Hilfe ein Muraleando Projekt. Doch was ist das eigentlich? Das lest und seht Ihr auf dieser Seite.
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Termin für das Muraleando Project 2012: 2. – 18. April 2012
Muraleando – Wände erzählen Geschichten von Renate Fausten
Wenn man mit den P1 oder P7 Metrobussen des seit einiger Zeit in Havana wieder funktionierenden Nahverkehrs sich Lawton/Luyanó im Municipio "10 de Octubre" nähert, bemerkt man bald, dass die dort lebende Bevölkerung nicht unbedingt auf Rosen gebettet ist. Duque Estable, in den 70er Jahren ein Star des cubanischen Boxsports, der viele nationale Meisterschaften gewann und Gold bei den Panamerikanischen Spielen und der Kategorie 75 kg gewann, begrüßt einen am Eingang des Viertels. Er ist jetzt Chef des lokalen "organopónicos", das sind Gebiete urbaner Landwirtschaft, die ihre Produkte direkt an die Kunden verkaufen. Ansonsten ist aber zunächst nichts Auffälliges festzustellen. Wenn man die Hauptstrasse entlang geht, fallen dem Besucher dann die Wandmalereien auf, die sich über die gesamte Mauer hinziehen, die auf der einen Seite die Strasse begrenzt.
Als wir da waren, versuchte sich gerade eine Soli-Brigade aus
Puerto Rico in dieser Kunst. Schon zuhause hatten sie
detailliert skizziert, welche Art Kunstwerk ihnen vorschwebte.
Die Künstler und ihnen gaben die Umrisse vor, die weniger
künstlerisch Begabten, aber auch cubanische Helfer pinselten die
nicht so komplexen Teile. Die Gruppe hatte sich als Motiv die
"Fünf" ausgesucht. Es ging ihnen aber nicht um die getreue
Wiedergabe ihrer Gesichter, sondern jedem hatten sie ein Symbol
zugeordnet, das sich aus deren Leben und deren Vorlieben ergab.
Ein paar Tage später konnte man dann die offizielle
Einweihung des Mauerstücks im Fernsehen bewundern. Nun sind ein
paar bemalte Mauern ja nicht wirklich etwas Besonderes, aber ein
völlig bemalter Stadtteil schon eher. Wunderbar gestaltete
Malereien zieren die Hausfassaden, Einfahrten und die kleinen
und großen Mauern dieses "Barrios". Dazwischen immer wieder
Denkmäler – Skulpturen z.B. die von Bolivar, die auf kleinen
Plätzen aufgestellt sind. Zur Enthüllung dieser Statue kam sogar
der venezolanische Botschafter. Das ganze Viertel scheint ein
einziges Kunstwerk. Uns interessierte natürlich, wie es dazu
gekommen ist, dass in der Peripherie von Havanna Leute ihre
Häuser bemalen lassen und in alle Ecken eine Skulptur stellen.
Begonnen hat das alles am 28. Januar 2001. Damals initiierte man in der Grundschule "Nguyen Van Troi" eine Malwerkstatt für die Kinder. Das geschah aus dem Bedürfnis heraus, etwas für die Gemeinde zu tun. Gründer und bis zum heutigen Tag Hauptkoordinator des Projektes ist der Künstler Manuel Diaz Baldrich. Er und sein frühen Mitstreiter sahen sich dem ernsten Problem gegenüber, dass ihnen kein Raum zur Verfügung stand. So machte man aus der Not eine Tugend und begann damit, draußen auf der Strasse zu malen. Die Bewohner wurden angehalten mitzumachen. Sie sollten sich mit dem Projekt und der Gemeinde identifizieren und diese Identifikation sollte über das neue schöne Ambiente erreicht werden. Die Gründungsmitglieder des Projekts waren alle Künstler, meistens Maler; deswegen hat es auch als Schwerpunkt die bildenden Künste. Man könnte sich aber genauso vorstellen, wenn die Initiative von Dichtern oder Schriftstellern ausginge.
Inzwischen sind "Muraleando" ein fester Bestandteil der
Gemeindearbeit und auch als Kulturprojekt in der "Casa de la
Cultura Comunitaria" in Vedado eingeschrieben. Trotzdem bleibt
die Finanzierung weiterhin ein Problem, weil die Gründer schnell
sahen, dass dies alles nicht aus eigener Tasche bezahlt werden
kann. Alle Künstler haben sich zwar bereit erklärt, einen
Prozentsatz jedes verkauften Bildes in den Fond des Projekts
einzuzahlen, aber das reicht nicht aus. Das Material ist teuer
und gute Projekte haben die Angewohnheit immer weiter zu
wachsen. Inzwischen gibt es Werkstätten für Malerei, Pappmaché,
Tanz, Theater, Musik, HipHop.
Ziel ist es, die Lebensqualität
des ganzen Viertels zu verbessern und das Maß an Kultur zu
erhöhen, Dadurch erhofft man sich eine insgesamt gesündere
Gemeinschaft.
Die Leute in diesem "Barrio" sind arm und
eigentlich gut damit beschäftigt, ihr Leben organisiert zu
bekommen. Unter solchen Umständen ist es nicht ganz einfach, die
Menschen für Höheres zu gewinnen. So haben die Ecken und ihre
Denkmäler eine ganz eigene Funktion. Früher waren es einmal
Müllabladeplätze. Nachdem man den Müll beseitigt hatte, war die
Gefahr einer zukünftigen wilden Müllkippe nicht gebannt. Da kam
man auf die glorreiche Idee, den Platz mit Pflanzen dekorativ zu
gestalten und in die Mitte eine Skulptur zu stellen. Damit ist
die Hemmschwelle, an einem solchen Ort Müll abladen zu wollen,
beträchtlich erhöht worden. Trotzdem sind die Leute so von ihren
Alltagsproblemen aufgefressen, dass es schwierig ist, die Orte
dauerhaft in Ordnung zu halten. Immer wieder müssen die
Projektmitglieder zu Gemeinschaftsarbeiten aufrufen.
Die
Mitglieder des Vorstands, besteht aus einem Hauptkoordinator und
vier Vizekoordinatoren, sind jeweils für einen der Bereich
zuständig: Werkstätten, Finanzen, Bauarbeiten. Dazu gibt es noch
weitere Vorstandsmitglieder.
Im Jahre 2007 wurde das
Projekt international. "Muraleando 2007" bzw. 2008 etc. ist ein
Event, das in jedem Jahr in den letzten beiden Aprilwochen
stattfindet. Dann sind Besucher aus anderen Ländern in
Lawton/Luyanó, um ihre Wandmalerei, Keramik oder irgendeine
andere Form von Kultur zu präsentieren.
Bis jetzt sind
2.500 Menschen in dieses Gemeindeprojekt involviert, aber sie
sind nicht alle in der Gemeinde ansässig. Das Interesse geht
schon über die Gemeindegrenzen hinaus.
Insgesamt haben
bereits 6.000 Personen "Muraleando" besucht, aus 39 Ländern der
Erde und natürlich auch aus Cuba.
Renate Fausten
Muraleando – Städtische Kunst in Havanna - Barrio 10 de octubre von Henri Ewaskio, Juli 2004 (gekürzt und übersetzt von U. Paulsen)
Als die lokalen Künstler Manuel (Manolo) Díaz Baldrich und Ernesto Quirch Paz Kunstunterricht und Workshops in der Nachbarschaft einer Schule im Jahr 2001 begannen, dachten sie gar nicht an die Gründung eines Gemeinde-entwicklungsprojektes. Als aber ihr Unterricht mit dem Programm des staatlichen Computer-Unterrichts kollidierte, zogen sie mit Workshops in die Straßen, und der Samen für das Projekt Muraleando – Wandbildmalerei - wurde ausgesät.
Die Wandmalereien, die sich auf der ganzen Straße Mercedes Muñoz befinden und um die Ecke auf der Aguilera gestartet wurden, waren eine natürliche Folge Ihres Kunstunterrichts. Die Wandgemälde zeigen fantasievolle Feste des kubanischen Lebens. In einem Land, wo nichts ein Einmalartikel ist und alles, sind alle nützlichen Teile, wie kaputte Schreibmaschinen, alte Telefone und Reifen oder Felgen und schmiedeeiserne Stühle, Freiwild um zur Skulptur geschweißt, lackiert und gebogen zu werden.
Weniger offensichtlich als die ins Auge stechenden langjährig ungestrichenen Wände waren tiefere Fragen des Zusammenhalts der Gemeinschaft im Viertel. Nach Baldrich verschärften sich die Probleme in der "Spezialperiode", der kubanische Euphemismus für die Jahre von extremer wirtschaftlicher Not in den frühen 1990er Jahren unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und verschärft durch das US-Embargo. Die Knappheit dieser Jahre drängte viele Kubaner eine Jeder-für-sich-Philosophie anzunehmen. Die Antwort von Muraleando auf diese innere Teilung der Gemeinschaft ist die Peña Comunitaria, eine Party im Viertel, dass das Projekt alle sechs Wochen organisiert - die Straßen sind blockiert, Tische und Stühle stehen jetzt dort und Jung und Alt kommen, um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Eingeladen sind Künstler wie Musiker, Tänzer, Sänger, Schauspieler und Dichter aus lokalem, nationalem und internationalem Kontext. Die Peña gibt auch angehenden und aufstrebenden Künstlern aus der Nachbarschaft einen Ort, um ihre Talente zu zeigen. Das Essen wird serviert – natürlich - und die Nachbarn kommen auf diesem kulturellen Fest zusammen. Der Unterricht und die Veranstaltungen von Muraleando werden in der Straße abgehalten oder in einem nahe gelegenen Park, wo es einen gewissen Schutz vor der Sonne gibt.
Wenn ein Besucher Künstler Manolo fragt, was er denkt, welches die größten Errungenschaften des Projekts seien, sagt er, "In zwei-und-ein-halb Jahren seines Bestehens, hat das Projekt dazu geführt unsere Gemeinde physisch in eine Volkskunst Galerie zu verwandeln. In der Tat sind die Veränderungen geistig, wie auch körperlich. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit hat sich im Barrio entwickelt, wo Menschen sich mehr und mehr mit der Lösung von Problemen durch eigene Anstrengungen beschäftigen und sich engagieren. "
Termin für das Muraleando Project 2012: 2. – 18. April
2012
Anmeldung und Interesse? >>> kubahilfe@web.de