Wieder in Holguin - April 05
Reisebericht von Heiner Behrmann und Herbert Querfurt
Plan war schon lange gefasst, wir müssen mal wieder nach Holguin, um zu sehen ,wie es um unsere Hilfe und die Projekte steht. Also entschliessen Heiner und ich uns zu fahren. Der Flug ist lang, diesmal mit Zwischenlandung in Havanna. Der kurze einstündige Flug nach Holguin schließt diesen langen Tag ab. Die Sicht ist klar und langsam bleibt das quirlige Havanna hinter uns – unter uns grüne Wiesen und Felder. Doch je weiter wir nach Osten kommen, desto mehr wandelt sich das Bild. Das Land wird immer trockener und ab Santa Clara enthalten die vielen kleinen Stauseen, die es in ganz Cuba gibt , kein Wasser mehr. Die Landschaft ähnelt einer Wüste – so braun und grau. Am schlimmsten wird es bei Las Tunas kurz vor Holguin .Das Braun und Grau dominieren alles . Als der Flieger zur Landung ansetzt, sehe ich den verbrannten Mais auf den dürr bepflanzten Feldern. Auch das noch – zu all den wirtschaftlichen Problemen auch noch diese Dürre. „Seit 18 Monaten hat es in der Provinz Holguin nicht mehr geregnet“, erklärt uns Amaury der neue ICAP-Chef , der uns am Flughafen in Empfang nimmt. „Diese Dürre ist fatal, schon 21000 Rinder sind verendet – vor Hunger oder Durst. Der Stausee bei Holguin ist leer und wir müssen das Wasser für die Bevölkerung heranschaffen mit LKWs und Zügen. Zusätzlich haben wir eine 44 km lange Pipeline vom Rio Cauto aus der Provinz Santiago gebaut, die uns pro Sekunde 500 Liter Wasser liefert. 460 l davon werden an die Bevölkerung verteilt – der Rest wird als Notreserve gehalten für den Fall, dass es in dieser Regenzeit wieder nicht regnen sollte. Dann haben wir wenigstens noch Wasser für die Krankenhäuser.“
500 Liter pro Sekunde - das hört sich viel an , deckt aber nur einen Drittel des Wasserbedarfs der Provinz. Auf dem Weg in die Stadt sehen wir sie dann – die LKWs , die Tankwagen und die Trecker mit ihren Wassertanks. Alles, was rollen kann, verteilt Wasser. Sie verkaufen das Wasser an die Bevölkerung. Fast jeder hier hat 1 oder 2 Ölfässer auf dem Balkon oder in der Wohnung stehen, wo er sein Wasser sammelt. Fast jedes 2. Auto dient dem Wassertransport. Alle 6000 Brunnen in Holguin sind versiegt. „Das Beste, was uns passieren könnte“, so sagt mir ein cubanischer Freund, „das wäre ein Hurrican. Da kommt richtig Wasser runter und nicht nur ein paar Tropfen. Aber was war im letzten Jahr? Einer links an uns vorbei einer rechts vorbei , nur nicht über uns!“ Wie verzweifelt muss eine Lage sein, dass man sich einen Hurrican herbeiwünscht!
Und am nächsten Tag regnet es – kurz und heftig, das war’s dann aber auch schon wieder für den Rest unserer Tage, wir wünschen allen dort viel Regen!
Michell, Fermin und Amaury
Der Empfang am nächsten Tag beim ICAP ist herzlich – Amaury , Michell sein Stellvertreter und Fermin, der uns alle Tage in Holguin zur Verfügung steht und hervorragend dolmetscht.
Medikamente
Wir haben es schon bei der Einreise am Zoll gemerkt – Medikamente sind problematisch. 37 kg haben wir bei , 10 kg darf jeder von uns behalten, der Rest muss zu einem Institut zur Prüfung. Seit dem 1.4. 05 nimmt Cuba keine Medikamentenspenden mehr an. Es sein zu viel verfallene Medikamente und zum Teil auch vom Markt zurückgezogene Medikamente ins Land gekommen. Die Situation habe sich aber auch gebessert. Und davon können wir uns dann in mehreren Krankenhausapotheken überzeugen: Von allen wichtigen Antibiotika sind ausreichend Bestände vorhanden. So hören wir auch überall, wo wir nachfragen: „Mit Medikamenten gibt es keine Probleme.“
Alfredo, Chef des Minsap
Alfredo, der Gesundheitsminister der Provinz, erscheint und begrüßt uns herzlich. Er ist sichtlich stolz: „Die Kindersterblichkeit in der Provinz ist 4,6% gesunken.“ Früher lag sie bei 6 – wie in allen Industriestaaten auch. In Banes ist eine Dialyseabteilung mit 5 Betten eröffnet worden. Im letzten Jahr habe die Provinz die zweithöchste Operationszahl in ganz Cuba gehabt, davon seien 41 Nierentransplantationen gewesen. Die Lebenserwartung sei auf 76,7 Jahre gestiegen.
Die Ärzteausbildung in der Provinz werde umgestellt, so dass Medizinstudenten ab dem 1. Semester in Polikliniken mitarbeiten müssten, um früh praktische Erfahrung zu sammeln.
Die Zusammenarbeit mit unserer Gruppe sei immer sehr gut gewesen, das habe schon angefangen als er selbst noch Chef vom Leninhospital gewesen sei und das erste Mal Klaus getroffen habe. Unsere Gruppe sei die einzige, die kontinuierlich über 10 Jahre Hilfe geleistet habe. Besonders hervorheben will er das gynäkologische Projekt mit dem Hospital Lenin und den Mütterheimen- dies sei vorbildlich gewesen.
Er verweist aber auch auf die Sorgen, die noch bestehen: Zum einen der Wassermangel und auf der anderen Seite fehlen immer noch ziemlich dringend Matratzen, Transportliegen, Autos und Dialyseersatzteile. Auf anderen Sektoren sei vieles besser geworden. „Wir sind dabei die Spezialperiode zu überwinden.“
von links nach rechts Amaury, Dr. Querfurt und die stellvetretende Gesundheitsministerin der Provinz Holguin
Am letzten Tag erhalten wir dann vom ICAP und ihm eine Urkunde „als spezielle Anerkennung“ unserer bisherigen Hilfe.
Hogar materno
Als
erstes gehen wir zu den drei Mütterheimen für Problemschwangerschaften,
die direkt um die Ecke liegen. Sie waren ja im Rahmen des „Gyn-Projekts“
mit Möbeln und Geräten ausgerüstet worden. Es herrscht allgemeine
Zufriedenheit. „Die Matratzen sind sehr bequem,“ sagt uns eine
Patientin. So machen wir also im fernen Cuba Reklame für Schlaraffia .
Frisch gestrichen mit all den IKEA-Möbeln machen
sich alle drei Heime sehr gut. Die neue engagierte Leiterin erinnert uns
nur noch an die gegebene Zusage eines Autos. Der alte Krankenwagen, der
mehr defekt sei als dass er laufe, kommt zufällig
vorbei. Ein Wunder , dass er noch fährt!
AIDS-Klinik
Am Nachmittag steht die AIDS-Klinik auf dem Programm, die sich schon vor einem Jahr mit einem Projektantrag an uns gewandt hatte. Dr. Rhoden ist der engagierte Leiter dieser Klinik, die an der Stadtgrenze liegt und ein großes landwirtschaftliches Areal umfasst. Sie ist auch zuständig für die Provinz Las Tunas und besteht seit 13 Jahren.
Von insgesamt 68 Mitarbeitern werden hier bis zu 40 Patienten betreut, die einige Wochen oder Monate hier bleiben, um sie medizinisch optimal zu versorgen, aber auch auf „das Leben mit der Krankheit“ vorzubereiten. Das Hauptprinzip besteht in der Gabe von Medikamenten, die ausreichend und kostenlos verfügbar seien und einer hochkalorischen Ernährung. Jeder Patient hat Anspruch auf 4000-5000 Cal pro Tag .
Kleine Zentren in vielen Stadtteilen und Gemeinden ergänzen dann die Arbeit dieser Klinik.
Dr. Rhoden ( rechts ) stellt die AIDS-Klinik vor
Ein besonderes Projekt sind die „offenen Türen“ . Das sind Programme zur Aufklärung über AIDS, zu der auch eine kostenlose Telefonhotline gehört.
An Hilfe durch unsere Gruppe wünschen Sie sich eine Verbesserung der Transportsituation und die Erneuerung des alten Mobiliars. Auch Kühlanlagen seien erforderlich. Die Geländebeleuchtung ist ausgefallen und die Projektionsmöglichkeit für die Aufklärungsveranstaltungen müsste verbessert werden.
Wir sagen zu ihren Antrag zu prüfen.
An diesem Abend schlafen wir früh ein und sehr lange - der Jetlag fordert sein Opfer.
Hospital Lenin
Wie in den Mütterheimen geht es auch hier um eine abschließende Dokumentation des durchgeführten Projekts. Und wieder eine positive Überraschung: Die komplette gynäkologische und geburtshilfliche Abteilung ist neu gestrichen worden und macht jetzt zusammen mit den neuen Betten und Matratzen einen guten Eindruck. So wie ein ganz normales Krankenhaus. Im Vergleich zu dem, was ich vor Jahren hier gesehen habe, ist dies ein unglaublicher Fortschritt. Völlig neu war, dass 2 Studentinnen an einem Computer von einem Arzt unterrichtet werden – mitten im Krankenhaus.
Wie wir erfahren, wird diese Art des intensiven Unterricht jetzt in allen größeren Krankenhäusern praktiziert. Und dann treffen wir Dr. Lorenzo – den Mitinitiator des Projekts, der es zusammen mit unserer Gruppe ausgearbeitet hatte. Heute ist er verantwortlich für die Laparaskopien, die er mit der von uns gelieferten Einrichtung durchführt: „Seit 3 Jahren jetzt läuft das System – ohne jede Störung. 978 Spiegelungen habe ich letztes Jahr damit gemacht.
Und wir müssen uns im Operationsbuch gleich davon überzeugen, dass es stimmt.
Wir sollen allen Leuten in Deutschland sagen, welch eine gute Hilfe dies gewesen sei und bedankt sich ganz herzlich, was der Leiter der Abteilung ebenfalls ausgedrückt hat.
Die Dialyseabteilung hat jetzt 4 Plätze – es sind die im Jahre 98/99 gelieferten Maschinen. Und es geht gut damit, auch hier zufriedene Gesichter bei Ärzten und Patienten.
Pediatrico
„Es sind nicht die großen Dinge, die fehlen , es ist das Verbrauchsmaterial,“ sagt Daysi , Chefin der Klinik und seit Jahren Partnerin unseres Vereins. Der alte VW-Krankenwagen tut immer noch seine Dienste, er war 99 von uns rübergeschickt worden. Ebenso wie die Rö-Anlage und das EKG, das wir vor 2 Jahren geschickt haben, nachdem die Kinderklinik nach Ausfall des vorhandenen Geräts plötzlich ganz ohne da stand. Voll des Lobes ist sie über unser REHA-Projekt, das eine Versorgung der Kinder ermöglicht wie sonst nur in Havanna. Und davon können wir uns bei einer kurzen Visite auch selbst überzeugen. Alle drei Reizstromgeräte sind im Einsatz, nur der Boden ist immer noch nicht gestrichen!
Aber das Lungenfunktionsgerät macht Probleme, eine Reparatur der Elektronik ist vor Ort nicht möglich, wir werden den elektronischen Schaltkasten nach Deutschland holen und hier reparieren müssen.
Und das ist ihre Wunschliste für die weitere Kooperation:
1 Wasserdestilliergerät, 1 Kryostat, 1 Gerät zur Bougierung von Ösophagusstenosen, 1 Werkzeugkiste und zum Schluß kommt : „ Y si algun computadora les molesta... (Und wenn Euch irgendein Computer lästig ist, dann wisst ihr ja wo ihr ihn hinschicken könnt...)
Nächstes Jahr ist sie 10 Jahre Chefin der Klinik – das passt gut zu unserem eigenen 10-jährigen Bestehen!
Clinico Quirurgico
Unser alter Freund Roberto Ramos ist ins Minsap versetzt worden und Teresita ist jetzt die neue Leiterin der Klinik.
Hier wollen wir insbesondere die Küche sehen, denn hier wie auch in der Kinderklinik ist der Teil der Mensaküche gelandet, der einen Dampfanschluss erfordert. Die im Jahr 98 gelieferte Küche der Augusta-Krankenanstalten wird zur Zeit abgebaut und durch eine moderne ersetzt, sie hat immerhin noch 7 Jahre lang über 1000 Essen pro Tag geliefert. Und 2 Dampfkessel aus der Mensaküche sind aufgebaut und arbeiten gut.
Teresita zeigt uns dann die REHA-Abteilung, eine kleine Abteilung, die aber vollständig mit unseren Spenden bestückt ist: Rotlicht, Mikrowelle, Ergometer, Rollstühle, Rollatoren und höhenverstellbare Behandlungsliegen. Der 3. Bauabschnitt der Klinik soll ein Angriff genommen werden und dort eine 140 Betten-REHA-Klinik entstehen.
Ein Projektantrag wird uns überreicht, sie wollen die REHA erweitern insbesondere auch Reizstromgeräte.
Die Bibliothek dieses Klinikums, das ja auch in erheblichem Masse der Studentenausbildung dient, ist relativ klein. Hier werden wir mit dem Wunsch nach einem kleinen Computernetzwerk konfrontiert, um auch aus dem Internet Informationen beziehen zu können. Zufällig haben wir die nötigen 4 Computer im Lager, diese Problem wird mit dem nächsten Container nach Holguin gelöst sein..
Das Abendessen findet auf dem Loma de la Cruz statt – der Hügel direkt in der Stadt.
Wir genießen die laue Luft, das gute Bier, das Essen und den Ausblick. Wieder im Hotel bin ich froh, dass mal keiner was in Spanisch von mir will..
Elektromedizin
Der Samstag beginnt mit einem ausführlichen Gespräch mit Carlos Perez, dem Leiter der Elektromedizin, die für die gesamten Geräte in den Krankenhäuser, Polikliniken und Praxen verantwortlich sind. Wir erfahren, dass Cuba jetzt selbst EKG-Geräte baut, wir also keine mehr schicken sollen, zumal für die 3-, 6- und 12- Kanalgeräte in Cuba sowieso kein Papier verfügbar sei. Das gelte für Zahnarztstühle. Es seien gerade in der ganzen Provinz die alten Stühle ausgetauscht worden. Sie beginnen jetzt intern mit einem Recyclingprojekt, indem sie alte Einheiten ausschlachten und als Ersatzteile verwenden .Als besonders dringend bezeichnet er den Bedarf an Laborgeräten jeder Art (außer Automaten, die spezielle Reagenzien erfordern)und Küchen jeder Art.
Hospital Gibara
Der Samstagnachmittag soll eigentlich der Erholung dienen, aber - das Hospital in Gibara hat seinen Weg auf unser Programm gefunden. Also 40 km zur Küste. Wunderschön dieses alte koloniale Städtchen, wie es da verträumt an der Küste liegt. Selbst das marode Holz vieler Häuser hat seinen Charme. Diese Gefühle verfliegen aber nur allzu schnell, als wir das Hospital betreten. Mit Abstand kann Armut ja noch als „malerisch“ angesehen werden, aber hautnah ist sie nur schrecklich.
Und so war es dann auch. Direkt an der Küste gelegen ist das Hospital ständigen Salzwinden ausgesetzt, die Fensterklappen sind teils verbogen, so dass es auch in die Flure regnen kann und das Ergebnis ist ... Rost, Rost, überall Rost.
Die Krankenschwestern legen sich ein Stück Pappe unter, bevor sie sich auf die üblichen Eisenstühle setzen, da sonst ihre Kleidung anrostet. Vieles erinnert an das alte Hospital in Banes. Hier ist Hilfe absolut vordringlich.
Dra. Griselda Aguilera, die Leiterin des Hospitals, empfängt uns. Das Hospital hat 95 Betten und versorgt 71000 Einwohner. 22 Ärzte und 57 Krankenschwestern arbeiten dort, die meisten Spezialisten sind vorhanden. Neben 30 Geburten pro Monat werden bis zu 300 Operationen ausgeführt. Das Hospital verfügt über eine eigene Blutbank, ein Ultraschall, eine Radiologie und ein Labor.
Der ausführliche Rundgang beginnt in der gut bestückten Apotheke.
Im Labor ist praktisch alles schrottreif, wie man mit solchen Instrumenten überhaupt noch brauchbare Laborwerte erzielen kann, ist mir ein Rätsel.
Die Krankenstationen zeigen die verrosteten Betten und Stühle. Rost hat einen echt stark deprimierenden Faktor. „Das Schlimmste aber ist“ ,sagt Dra. Giselda, „ dass wir für 25 Betten überhaupt keine Matratzen haben. Wir können sie nicht einmal im Notfall belegen.“ Und die vorhandenen Matratzen kann man praktisch nur noch als Schaumstoffreste bezeichnen.
Ich denke nur, wie gut, dass dieses Hospital in diesem Jahr Hauptempfänger unserer geplanten Container ist, denn Betten und Matratzen haben wir jede Menge im Lager. Die Deckenbeleuchtung besteht in den meisten Räumen nur noch aus einer einzigen Neonröhre in einem verrosteten Kasten,
wo es doch 4 bis 8 sein sollten. Das Hospital verfügt über keinen einzigen Ventilator, von einer Klimaanlage mal ganz zu schweigen. Auch Stühle, Nachttische und Untersuchungslampen sind dringend erforderlich. Eine Transportmöglichkeit besitzt das Hospital überhaupt nicht, weder um Patienten nach Holguin zu transportieren noch zu Untersuchungen im Ort. Also werden Taxis gemietet.
Die neue Röntgenanlage kann noch nicht betrieben werden, da die Klimatisierung fehlt. Also müssen die Patienten zur Poliklinik gefahren werden.
Und dann die Küche: Es wird mit Holzkohle gekocht, weil man für die 2 großen Gasherde nicht genug Gas hat. Der Gesamtzustand dieser Küche setzt bei mir den Schlusspunkt: Hier kann und muss geholfen werden.
Aber dann kommen sie doch noch, die kleinen Lichtblicke: Das Hospital hat ein neues cubanisches EKG, es hat auch von unseren Schulmöbeln einige Stühle und eine Sitzbank erhalten, die auf das Hospital verteilt sind. Auch das Intensivzimmer ist recht gut ausgestattet und als Nachtischchen dienen hier die kleinen Beistellregale aus dem Finanzamt Essen.
Wir verabschieden uns und versprechen, dass wir helfen werden.
Corazon del caribe
Am Samstagabend haben wir dann noch ein ganz besonderes Erlebnis, was man so wohl nur in Cuba haben kann. Wir gehen in ein Lokal, um „Corazon del Caribe“ zu hören. Das ist die Band von Aclifim, dem cubanischen Behindertenverband, die wohl einzige Behindertenband auf Cuba und vielleicht in der ganzen Welt. Der Bassist und Sänger ist doppelseitig Unterschenkel amputiert und hat zusätzlich noch eine Unterarmamputation: Mit der gesunden Hand greift er die Akkorde, der Unterarmstumpf schlägt die Saiten an. Der Congaspieler kommt auf 2 Gehhilfen auf die Bühne, ebenso wie der Keyboardspieler. Und am Schlagzeug sitzt ein Mann im Rollstuhl. Und dann legen sie los - vielleicht ist ihre Musik im internationalen Maßstab nicht sonderlich gut, aber der Funke springt über! Zu sehen, wie diese Menschen mit ihrer Behinderung fertig werden und gleichzeitig noch so gute Musik machen, das ist schon bewundernswert. Es gibt als Getränk nur Bier – 5 Peso pro Glas und der Abend ist lau. Als die Band abfährt, sehe auf der Rückseite ihres Busses ihr Motto: „Es gibt keine unmöglichen Aufgaben, nur unfähige Menschen...“ (Che)
Der Sonntag ist dann wirklich frei und wir verbringen einen Tag in Guardalavaca am Strand.
Bacteriologico
Der Montagmorgen beginnt im Bacteriologico, auch seit Jahren ein Partner unserer Organisation. „Der Minibus und der Opel sind die Arbeitstiere im Institut“ , so fasst Dr. Rhoden, stellvertetender Leiter des Instituts, das Ergebnis unser Spenden zur Verbesserung der Transportsituation zusammen. Auch die Sterilisatoren und die Wasserdestilliergeräte leisten gute Dienste. Für die Zukunft wünschen sie sich Unterstützung bei Kühlanlagen jeder Art, ein zusätzliches Auto, da die Provinz groß sei, und einen ILO-Standardfilmsatz zur Verbesserung der Diagnostik von Staublungen, die bei Nickelarbeitern vorkommen können. Hier bin ich wieder verblüfft, wie gut die Kenntnisse der cubanischen Kollegen sind und wie sie es auch anstreben auf internationalem Niveau zu arbeiten. Das Arbeiten mit diesen Vergleichsfilmen ist in Deutschland und weltweit erst Anfang der 80er Jahre eingeführt worden, am liebsten hätten sie, wenn ich auch gleich noch eine Fortbildung dazu machen würde..“
Arbeitsmedizinisches Zentrum
Diese Unterabteilung des Bacteriologico mit 10 Mitarbeitern ist für den Arbeitsschutz in der Provinz zuständig, man bedankt sich bei uns ganz herzlich für die Spenden, neben reichlich Mobiliar war es ein Audiometer und eine schalldichte Kabine für Audiometrien.
Über 3000 Untersuchungen sind damit schon durchgeführt worden. Sie würden das Audiometer vor Ort in den Betrieben einsetzen und in Zweifelsfällen die Patienten dann ins Zentrum holen, um sie in der Kabine untersuchen zu können.
Die gespendete Röntgenanlage passte leider nicht in den zu kleinen Raum, so dass die Anlage anderweitig eingesetzt worden sei. Man habe aber eine Kooperation mit einer Poliklinik in der Nähe, wo die Nickelarbeiter geröntgt werden. Was noch fehlt ist ein Spirometer, um auch die notwendigen Lungenfunktionen durchführen zu können und – natürlich – der ILO-Standardfilmsatz.
Psychiatrie
Und nun wollen wir sie endlich sehen –
die Mensaküche in Aktion. Dra. Lilli Blanco begrüßt uns herzlich.
Die Techniker und das Küchenpersonal berichten übereinstimmend, dass sie sich über diese Spende sehr gefreut hätten. Wir sollen alle Menschen in Deutschland, die dafür gesorgt hätten, dass diese Küche nach Cuba kam, herzlich grüßen und Danke sagen. In der psychiatrischen Klinik ist es jetzt möglich auf reinen Elektrobetrieb umzustellen und das Kochen mit Gas aufzugeben. Die Küche der Klinik hat eine enorme Verbesserung erfahren. Wir hatten in anderen Containern auch für Geschirr, Töpfe und Besteck gesorgt, das zwar vorhanden war, aber in der Menge nicht ausreichte.
Die Chefin der Klinik berichtet, dass unsere Kleiderspenden sehr gut zu gebrauchen seien. Als kürzlich ein Kälteeinbruch war , wurden alle Patienten mit der gespendeten Kleidung versorgt. Die Klinik habe ausgesehen wie „Klein- Deutschland.“
In der Psychiatrischen Klinik wird dringend noch gebraucht:
Ein EEG, das vorhandene ist defekt und nicht mehr zu reparieren
Gartengeräte: Die Klinik hat relativ viel landwirtschaftliche Fläche, die von Patienten bearbeiten könnte, um so einerseits eine sinnvolle Beschäftigung zu haben und andererseits zur Verbesserung der eigenen Verpflegung beizutragen.
Baumwollstoff:
Unser Verein hat dieser Klinik bereits 7 Nähmaschinen gespendet. Ergänzt um den notwendigen Stoff könnten Bettlaken und leichte Kleidung dort selbst hergestellt werden.
1 Auto
Alle Autos der Klinik sind defekt, hier wird dringend ein Minibus gesucht, um z. B . Patienten zu Konsiliaruntersuchungen zu fahren
Mehrere Waschmaschinen-
Die Klinik hat nur eine Haushaltwaschmaschine, um die gesamte Wäsche für 150 Patienten zu waschen. Als wir vor Ort waren, war auch diese Maschine ausgefallen, so dass die Wäsche auf offenem Feuer gekocht werden musste.
Fazit:
Praktisch alle unsere Spenden haben in der Vergangenheit geholfen Not zu lindern.
Wir wurden überall mit offenen Armen empfangen und konnten uns alles ansehen, was wir wollten.
Die Hilfe in Zukunft muss gezielt ausfallen, da inzwischen doch einige Dinge wie EKGs, Medikamente und Zahnarztstühle verfügbar sind.
Was wir aber überall hören, ist die Bitte um Hilfe bei Autos, Kühlanlagen, Betten, Matratzen und Nachttischchen, Laborgeräten jeder Art, Küchen und Waschmaschinen, Computern ab 486er mit Nadeldruckern.
Schluss:
„Auf der Erde fehlen Menschen,
die mehr arbeiten und weniger kritisieren
die lieber aufbauen als zerstören
die weniger versprechen, aber dafür mehr einlösen
die weniger nehmen und als sie geben
die lieber „heute“ sagen als „morgen“ (Che Guevara)